Wir gehen nun zunächst auf Pirquets Lehre ein im Bezug auf die Zusammensetzung der Nahrungsmittel, die sich natürlich nach dem Nährwert richten muss.
Hier führt er statt der Kalorie, die ein physikalisches Maß ist, ein physiologisches ein: den Milchwert. In diesen rechnet er den Nährwert um. Dabei geht er von Frauenmilch aus mit der Zusammensetzung: 1,7 Prozent Eiweiß, 3,7 Prozent Fett und 6,7 Prozent Zucker, deren physiologischer Brennwert 667 große Kalorien beträgt; dies ist alſo die im Körper zur Wirkung kommende Wärmemenge. Als Nahrungseinheit nimmt Pir⸗ quet nun 1 8 dieser Milch (mit einem Brenn⸗ wert von 0,67 Kalorien), und diese nennt er „Nem“ (Nahrungseinheit Milch). Entsprechend sonstiger Gepflogenheit spricht er dann noch von: Millinem (mn), Zentinem (en), Dezinem (dn), Dekanem (Dn), Hektonem (Hn), Kilonem (Kn), Tonnenem (Tn), was ja ohne weiteres verständlich ist. Es bedarf wohl weiter keines Wortes, dass diese Einheit hinsichtlich Verständlichkeit und plastischer Vorstellbarkeit der Kalorie durchaus vorzuziehen ist.
Auf diese Einheit lassen sich nun alle Nahrungsmittel nach ihrem Nährwert leicht zurückführen und in eine Tabelle bringen. Natürlich lässt sich danach dann auch leicht der Preis berechnen und vergleichen, den man beim Einkauf z. B. für das Hektonem bei den verschiedenen Nahrungsmitteln bezahlt, so dass sich die Sache auch wirtschaftlich als sehr bedeutsam erweist.
Um die praktische Verwendung des neuen Systems zu zeigen, seien einige Beispiele aus Prof. Schicks Büchlein angeführt. Ein Säugling sollte täglich 600 ml Frauenmilch erhalten; die Kuhmilch kann ihr gleichgesetzt werden, muss aber zweckmäßig mit Wasser verdünnt werden; diese Ver- ringerung des Nährwertes ist entsprechend zu ersetzen, z. B. durch Zuckerersatz. Eine Zuckerlösung mit 100 Nem Zucker in 100 g Wasser würde dem Nährwert der Milch entsprechen; 1 Gramm Zucker ist gleich 6 Nem, 100 Nem sind also in 17 Gramm Zucker enthalten. Man muss demnach 17 Gramm Zucker in 100 ml Wasser lösen, um eine der Milch gleichwertige Flüssigkeit (Pirquet nennt dies dann „Gleichnahrung“) zu erhalten. Wenn man von ihr 300 ml mit 300 ml Milch mischt, so erhält man alſo eine den 600 ml Vollmilch entsprechende vollwertige Nahrung.
Ein zweites Beispiel betrifft den für ältere Säuglinge sehr empfehlenswerten Spinat. Es ist 1 g geputzter Spinat = 0,4 Nem, also 75 g = 30 n, dazu 70 ml Milch = 70 n; kocht man man beides auf 100 g ein, so enthalten diese 100 n, sind also der Milch gleichwertig. Die Tagesmenge des Säuglings wäre daher neben diesen 100 g Spinatgemüse noch 500 ml Milch. Natürlich kann man es auch berechnen, wenn man statt Milch teilweise Butter zur Spinatbereitung nimmt. Stets ist man dabei sicher, dass das Kind auf diese Weise zu ſeinem physiologischen Recht kommt. Genau so ist die Berechnung natürlich für die Ernährung der Erwachsenen, auch wenn die Rezepte wesentlich komplizierter sind, was bei Pirquet oder Schick nachzulesen ist.